Transformer – EMOP

TRANSPHORMER*                     


“Abwesenheitsnotiz”, 2005 – 2007, Hermes Payrhuber,
Mixed Media (*Text below/Text Seitenende)

Europäischer Monat der Fotografie 2010

opening: 5.11.2010
duration: 6.- 27. November 2010

Gruppenausstellung mit

Agnes Hamvas, Marta Mikulec, Bettina Letz, Astrid Sodomka, Anna Watzinger,
Hermes Payrhuber,  Jonny Sifkovits, Tiberius Stanciu, Marcus Zobl

Curated by Alma Ohlson

 

 

 

 

 

 


 


“Transformer”, 2010, Agnes Hamvas, C-Print

Der Europäische Monat der Fotografie 2010 legt seinen Schwerpunkt auf virtuelle Präsentation von fotografischer Kunst.
Die FotokünstlerInnen der Prodouzentinnengalerie „Schleifmühlgasse 12-14“
beschäftigen sich seit Jahren mit einer adäquaten Umsetzung von Ausstellungen zur Netzadaption.
Die Frage die wir uns bei allem Spaß an Technik und Collaborationen mit Kennern uns fremder Gebiete, wie Programierern, Mathematikern u.a., stellen, ist die der Authentizität des Kunstwerks.
Wird ein zweidimensionales Kunstwerk durch die Ausstellung im virtuellen Raum noch flacher? Geht die Ausstrahlung eines Kunstwerkes via Bildschirm verloren oder verhält es sich bei Fotografie anders als bei Malerei, wo die fehlende Haptik ein Problem des virtuellen Raums darstellt.
Ausgehend von all diesen Einwänden und Überlegungen streben wir eine congeniale Präsentationsform im Netz an.
Das Herangehen der einzelnen KünstlerInnen ist verschieden, ebenso wie die Ausdrucksmittel.

 

Marcus Zobl, Transphormer

Halte Deine Augen offen, denn die Welt ist eine Scheibe.

Keep your eyes open, because the world is a disc.

 

Familienbilder  Astrid Sodomka

Fotocollagen

Familienfotos bilden meist Momente ab, die jeder kennt und die dadurch austauschbar werden. Obwohl sie scheinbar persönlich sind, erreichen sie höchste Allgemeinheit.
Die Fotografie suggeriert die Abbildung der Realität, das Familienfoto konstruiert Erinnerungen, und trifft dabei eine Auswahl, was gezeigt wird und was unerwähnt bleibt.
Die durch Neudefinition der Bildausschnitte, Verspiegelungen, Weg- und Zerkratzen, Hinzufügen, Versetzen, Bemalen entstandenen Collagen werden fotografiert und die Abzüge erneut bearbeitet. Protagonisten werden vom Hintergrund isoliert, verlassen die Bildfläche oder werden hinzugefügt. So entstehen neue Bildinhalte, die eine andere Familiengeschichte erzählen.


“Familienbilder”, 2010 – Astrid Sodomka, Fotocollagen

 

2010 the main criteria of the European Month of Fotografie is on the diffrent kinds of presentation of art in an virtual space.
The main question for us is the problem of adaequat transportation of art in an virtuell space, without loosing the
primary criteria of art itself. Is it possible or are we waisting our talents for an hopeless dream.
Do we maintain the authenticity of an artpiece.
Will a fotograf, a twodimensional artpiece get more flat if you presentate it in an virtuell space with only two dimensions?
Do artpieces loose their power and emanation or is this only a problem of paintings, where the missing haptics are
changing the whole work.

 


“Modell Erika”, 2010 – Bettina Letz, Mixed Media

Modell Erika #1 ist Teil einer Fotoserie, die sich mit dem Thema Schönheitsoperationen und deren medialer Präsenz, der technologischen Konstruktion von Körper und Bild auseinandersetzt. Die technologische Konstruktion von Bild und Körper ist längst zur Alltagsrealität geworden. Die Digitalisierung der Fotografie hat nicht nur zu einem Verlust von Gegenstandsreferenz und indexikalischem Wirklichkeitsbezug geführt, sondern auch einschneidende Veränderungen der Körperdarstellung in der Mode- und Werbefotografie mit sich gebracht, die unser Körperbild wesentlich beeinflussen. Gleichzeitig haben die Fortschritte in der Bio-, Informations- und Kommunikationstechnologie massive Auswirkungen auf Körper. Die post-fotografischen Körperdarstellungen von Bettina Letz sollen gleichzeitig Produkt und Veranschaulichung der technologischen Konstruktion des Mediums Fotografie und des Mediums Körper sind. Die Körperfotos sind Internet und Fernsehen entnommen, wo sie die Segnungen plastischer Chirurgie angepriesen haben.  Diese angeeigneten Fotografien werden digital überarbeitet, Pixel werden in „Höhenlinien“ umgewandelt, die auf den konstruierten Charakter des Körpers verweisen. Anschließend wird der Mensch in Teile zerlegt, die Menschen-Module neu zusammengesetzt und darüber genau jene Einschreibungen gemalt, die der Schönheitschirurg auf Körpern vornimmt, um seine Schnitte zu skizzieren.

“Ohne Inhalt – natural”, 2010, Tiberius Stanciu, C-Print

Ohne Inhalt/Emptyness (natural) Tiberius Stanciu

Our bodies are given life from the midst of nothingness.
Existing where there is nothing is the meaning of the phrase,”form is emptiness.”
That all things are provided for by nothingness is the meaning of the phrase,
“Emptiness is form.”
One should not think that these are two separate things.

*Abweseheitsnotizen Hermes Payrhuber

In weiß gefaßten Shadow-Boxes, — das sind Rahmen, die mit Hilfe einer breiten Abstandsleiste eine tief gelegte Montagerückwand für die Fixierung eines Kunstwerkes besitzen — begegnet uns die Werkgruppe der »Abwesenheitsnotiz« als anspruchsvoll, gleichwohl unspektakulär, weil klug und ästhetisch wohlbedachte inszenierte Kunstwerke.

Klassisch betrachtet würde man diese Kunstwerke als Fotografie oder als Objekte und/oder Collage bezeichnen. Zu welcher dieser Gattungen die einzelne Arbeit jedoch genuin zuzuordnen ist bleibt ein unlösbares Unterfangen. Hier beginnt genau das Paradoxon des Hermes Payrhuber, der dieses Prinzip der Nicht-Eindeutigkeit als Leitfaden, man könnte sogar sagen als Wesenszug seiner Kunst erhebt. Ein Grenzgänger zwischen den Gattungen, der bewußt das Aufgehobensein in einem definierten Kontext und damit eine faßbare Identität aufgibt, um zu neuen Erfahrungen, zu neuen Welten aufzubrechen.

Abwesenheitsnotiz: Das klingt nach Flüchtigem, als Kurznachricht für den Adressaten hinterlassene Info wie »Ich bin kurz weg«. In der Tat sind die für diese Kunstwerke zugrundeliegende Fotografien, wenn man erstmal den Entstehungshintergrund erfahren hat, im arbeitstechnischen und prozessbedingten Sinne flüchtige ‚an sich selbst adressierte’ Momemtaufnahmen oder provisorische Dokumente des Festhaltens und Erinnerns einer anderen Werkgruppe des Hermes Payrhuber, den »Voids«.*

Diese Fotografien befreit der Künstler von seinem Inhalt, der reproduzierten Darstellung der »Voids« und läßt nur den Schatten der dreidimensionalen Kunstwerke übrig. Diese vom Sujet entkernten Fotografien, man könnte auch sagen entmaterialisierte Kunst, schichtet Payrhuber derart übereinander, daß der neu entstehende Binnenraum und die Außenkanten der Fotografien einen Körper erzeugen, nicht unähnlich einem Stapel unpräzise übereinander gelegter leerer Rahmen. Der in dieser Weise erzeugte Außen- sowie der Binnenraum im ‚Objekt’ läßt sich schwer definieren, weil die individuellen (Innen- und Außen-) Konturen der Fotografien durch die Überlagerungen und den damit verbundenen Verschränkungen ein Verwirrspiel von Linien ergeben. Dieses einerseits chaotische und doch wieder streng organisierte Liniengerüst läßt einen formal an konstruktivistische und gleichzeitig an dekonstruktivistische Momente der modernen Kunstgeschichte denken. Auch hier ist das Vexierspiel mit Identitäten wieder gegeben. Hermes Payrhuber läßt sich in seiner Kunst nicht anhand eines kunsthistorischen Kanons fassen. Eine Qualität, die sich nicht nur in überzeugende ästhetische Lösungen ausdrückt, sondern gleichzeitig eine vielschichtige Intelligenz vermitteln.
Die ursprünglich autorepräsentative Fotografie der »Voids« kreiert im Schaffensprozess der »Abwesenheitsnotizen« neue »Voids«, neue Leerstellen, die vom Betrachter neu definiert werden müssen, jedoch das Scheitern bereits beinhaltet, weil eine Leerstelle per se nicht fassbar ist. Diese Spannung der Ambiguitäten lädt den Betrachter immer wieder ein, sich diesem ästhetischen Erlebnis auszusetzen.

Absence Messages

The Absence Messages series is presented in shadowboxes framed in white, their wide sidewalls encasing deeply inset panels to display these works of art. Although unspectacular, the pieces themselves are quietly sophisticated – clever, carefully considered, and aesthetic.

From a classic perspective, you might call these works of art photographs, objects, and/or collages. Exactly which genre the individual works belong to remains an enigma, however. This is precisely where the paradox of Hermes Payrhuber begins. He elevates the principle of ambiguity to the status of a motif, perhaps even to the chief characteristic, of his art. Crossing back and forth between genres, he consciously gives up a sense of belonging within a defined context, forfeiting a palpable identity to set off for new experiences and new worlds.

“Absence message”: It sounds elusive and fleeting, a brief note left behind for the addressee with some terse message like “I’m out for a while.” In terms of technique and process, once you find out what went into the creation of these works, you realize that the photographs used to produce them are fleeting snapshots addressed to themselves, provisional documents recording and remembering another body of works by Hermes Payrhuber, the Voids.

The artist liberates these photographs from their content, the reproduced representation of the Voids, leaving behind only a shadow of the three-dimensional artworks. Their subject extracted, Payrhuber takes these photographs, which could also be referred to as dematerialized art, and layers them on top of each other in such a manner that the newly created interior space and the outer edges of the photographs produce a form that is not unlike a stack of imprecisely arranged empty frames. The overlaps and the related limitations of the individual (outside and inside) contours of the photographs result in a maze of lines, making the exterior and interior space produced within the “object” hard to define. The chaotic and yet strictly defined matrix of lines formally recalls constructivist and at once deconstructivist moments in recent art history. Here, too, we find a play with identities. In his art, Hermes Payrhuber does not allow himself to be categorized on the basis of some art historical canon. This quality expresses itself through convincing aesthetic solutions while also conveying a kind of multilayered intelligence.

In the creative process of the Absence Messages, the originally autorepresentative photography of the Voids produces new “voids” that have to be redefined by the viewer, but the act of redefinition already fails in the fact that a void is not definable or graspable per se. The interplay of ambiguities repeatedly invites the viewers to subject themselves to this aesthetic experience.