My own private anthem – Tiberius Stanciu

 

MY OWN PRIVATE ANTHEM

Tiberius Stanciu

In Gus van Sants Film „My own private Idaho“ befindet sich einer der Protagonisten, der Stricher Mike, auf der Suche nach seiner verlorenen Mutter. Er wird sie nicht finden, sondern für immer auf der Straße bleiben. Ebenso gestaltet sich die Suche nach Geborgenheit im Zeitalter der Globalisierung. Es bleibt eine ewige Suche. Das Internet ist jener fiktive Ort, wo unsere Suche gespeichert und manchmal auch live zu sehen ist. Das Netz sammelt unsere Suchergebnisse als ewiges Zeugnis einer artifiziellen Heimat.

Es heißt von nun an: “Google, Google über alles” und “Ich bin stolz ein Blogger zu sein”.

Das Individuum als Monade der Nation oder der Heimat, benötigt für sein repräsentatives Auftreten im Internet zusätzlich zum optischen „Profil“ als psychologisches Imago auch ein akustisches: eine eigene, selbst gestaltete Hymne. (Stanciu, 2015)

Ein ironischer Blick auf Zeitgeschichte bestimmt Tiberius Stancius Arbeiten. Nationale Identität, “Vaterland” und die Hinterfragung von (geografischen und mentalen) Grenzen sind Themen, die er kontinuierlich in variierenden Medien bearbeitet. Als “digital immigrant” nimmt Stanciu eine Position ein, von der aus er mit Humor die (zu?) viel diskutierte Allgegenwärtigkeit der online-Präsenz betrachtet. Und setzt noch eins drauf. Was die Bürgerin, der Bürger, die heute User_innen sind, unbedingt noch brauchen, ist eine persönliche Hymne, die das visuell-verbale Profil der online-Identität vervollständigt. Tiberius Stanciu verwendet Materialien aus dem Wohnungsbau zur Konstruktion eines Installationsraumes, der, mit Tonabnehmern versehen, zum “Studio” für die persönliche Hymne wird. Bewegungen der Betrachter_innen werden zu Tönen übersetzt. Individuelles Hindurchschreiten der Besucher_innen erzeugt individuelle Soundspuren, Tonprofile, die Stanciu zur “private anthem” mischt. Fertig zum Hochladen. Das hierarchische Referenzverhältnis aus Produktion und Dokumentation, Produktion und Veröffentlichung wird aufgehoben, ist längst aufgehoben. Denn, was wäre die “private anthem” ohne facebook, tumblr und twitter?

Tiberius Stanciu holds a position defined by his ironical view on contemporary art and history. In previous works he reflected on national identities, home (“Vaterland”, germ.) and geographical and mental borders.
“My Own Private Anthem” is his step into virtual space. As digital immigrant Stanciu is able to reconsider digital presence and virtual representation humorously. To Stanciu it’s clear. What we need to complete our visual-verbal online-profiles and blogs is a private anthem. For constructing the installation space which will be the studio for the private anthem, he uses material that is normally found in construction sites: drywall and metal. Stanciu adds sound pick-ups to translate the visitors’ movements to sounds. Individual movements make distinct audio-traces – sounds that are mixed to “My Own Private Anthem”, ready for uploading to any social media or blog the visitor wishes. The hierarchical referential relation between production and documentation, production and publishing no longer exists as the “Private Anthem” would be useless without your digital presence.

(Sodomka, 2015)

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